kurz und gut, die fotografie hätte einfach ihren weg gehen können, mit höhen und tiefen, eine beliebte fabrik der erinnerungen für die einen, ein beruf für andere, ausdrucksmittel für wenige. doch dann störte ein zwischenfall ihre friedliche existenz. wenn ich sehe, welches interesse ihr plötzlich entgegengebracht wird, muss ich an den kleinen mann denken, der ein bescheidenes leben führt, bis er das große los zieht. von einem tag zum anderen tritt er aus seiner einsamkeit. ein schwarm unbekannter freunde findet sich ein, bittsteller und schwätzer. kurz gesagt, er ist "in". nun ja, zugegeben, die fotografie ist "in", doch deshalb hat sie nicht unbedingt das große los gezogen. (...) es reichte, dass ein alter aufreißer seine vorliebe für bändergeschmückte junge mädchen in alben ausbreitete, in denen weichzeichner und leere herrschen, und schon wurde die endlose diskussion aus allen vorstadt - fotoclubs in die öffentlichkeit getragen: "sollte fotografie kunst sein?" aber nein! fotografie ist keine kunst, aber Kertész ist ein künstler; malerei ist keine kunst, aber Bonnard war ein künstler; musik ist keine kunst, aber Erik Satie wird immer ein künstler bleiben. der begriff "künstler" ist für mich ein qualitätsurteil aber keine berufsgruppe. wenn ein mensch von einer leidenschaft besessen ist, die er mit einzigartigem talent umzusetzen versteht, so ist er in meinen augen wichtiger als das vehikel, dessen er sich bedient, um sich auszudrücken. es ist unwichtig, ob er er fotografiert, skulptiert oder schreibt. doch heute muss alles registriert und kategorisiert werden, um den unmittelbaren konsum zu erleichtern. so will auch ich vereinfachen und deshalb den folgenden satz eines verstorbenen freundes übernehmen: "kultur muss verdient werden!" hoffentlich halten ihn alle für elitär! wie auch immer, Bill Brandt, Kertész, Paul Strand, Cartier-Bresson und einige andere haben für immer zaubertürchen zum licht der welt aufgestoßen, und nur das zählt. der ganze rest: ausstellungen, bücher, museen, verteigerungen (...) sind randphänomene ohne bedeutung. was meine persönliche arbeit angeht, würde ich auf eine frage, die mir nicht gestellt wurde, antworten, dass ich sie für bedeutungslos halte, ausser dass sie mich persönlich befriedigt. das wäre ganz aufrichtig.(...) solange es menschen gibt, die fotografieren, wird es anhänger der "fotokunst", des "fotodokuments", des "erinnerungsfotos und des "beweisfotos" geben, doch die definition von kunst im allgemeinen oder von fotografie im besonderen bleibt ebenso umstritten wie das geschlecht der engel. um diese ewige, wenn auch müßige diskussion zu vereinfachen, schlage ich eine einteilung der fotos in zwei gruppen vor: die guten und die schlechten.

in short, photography could continue to jog quietly along, getting by as best it might, the memory-factory of the populace for some, for others a trade, for others again a means of expression. but an irrelevant incident has interrupted its peaceable existence, and the sudden interest in it reminds me of those poor, honest souls who win the jackpot in the national lottery; overnight, their solitude is left behind and they find themselves surrounded by outstreched hands, a throng of unknown friends and chatterboxes. in short, they have become fashionable. for it has to be admitted, alas! photography has become fashionable. but it hasn´t won the jackpot. (...) an aging lothario made public his obsession with sweet young things wearing ribbons in a book in equal parts vacant and vapid, and the grand question debated in suburban photo-clubs immediately invaded the public forums: is photography an art? well, no! it isn´t. photography is not art, but Kertész is an artist; painting is not art, but Bonnard was an artist; music is not art, but Erik Satie is and will remain an artist. for me, the word "artist" refers to quality rather than category; an inividual inhabited by a passion he can express with unique talent is more important, in my view, than the medium in which s/he has chosen to express that passion, wether photography, sculpture or writing; who cares? but today we must card-index everything in order to facilitate immediate ingestion, so, simplifying on my own behalf too, i take as my own expression of a friend now dead - ‘culture is something that you have to earn ’- and i hope they call it elitist. when all is said and done, Bill Brandt, Kertész, Paul Strand, Cartier-Bresson and a few others have opened up once and for all a little magic doors giving onto the world´s light, and nothing is more important. as to the rest: exhibitions, books, museums, auctions (...) are mere byproducts. as to my own work, to answer the question that you never asked me, if i said that i consider it of no importance, except insofar as it has given me some satisfaction, i would be perfectly honest (...) as long as there are people to take photographs, there will always be exponents of "art photos", "souvenir photos" and "documentary photography", and the definition of art in general and photography in particular will remain as controversial as the sex of angels. to draw a line under this perpetual and fruitless debate, i propose ( i don´t expect anyone to follow my advice) dividing photographers into two large families: the good and the bad!

JEANLOUP SIEFF, 1989